Eine Überlandreise außerhalb der EU ist leider mit allerhand Papierkram verbunden. Einfach losfahren und am anderen Ende der Welt angekommen? Das geht leider nicht. Visa müssen im Pass kleben, Einfuhrbestimmungen beachtet und bestimmte Dokumente mitgeführt werden. Hier erfahrt ihr, was wirklich wichtig ist.
Euer Reiseziel steht nun fest. Den passenden fahrbaren Untersatz habt ihr auch gefunden. Jetzt geht es an die Vorbereitung – und zwar an den bürokratischen Teil. Ich selber habe 7 Monate vor Reisebeginn begonnen alles zu organisieren. Und am Ende ist es fast zu knapp geworden. Das letzte Visa hatte ich eine Woche vor geplantem Reisestart im Pass kleben.
Beginnen wir auch gleich mit dem Thema Visa. Während ihr für Südamerika (bis auf Guyana, Suriname und Französisch Guyana) keine Visa braucht, kommt ihr ohne den begehrten Aufkleber in so manches asiatisches oder afrikanisches Land gar nicht erst rein. Für meine Reise nach Indien, so hatte ich damals rausgefunden, sollte ich sieben Visa brauchen (nach dieser Feststellung brauchte ich erstmal einen Schnaps). Nüchtern betrachtet gibt es bei der Visa-Beschaffung zwei Ansätze: Man organisiert die Visa vor Reisebeginn oder während der Reise.
Visa vor Reisebeginn besorgen
Wenn ihr vor Reisebeginn alle Visa besorgt habt, könnt ihr unbesorgt starten. So müsst ihr auch nicht einige Tage in einer vermutlich tristen Landeshauptstadt verbringen, um darauf zu warten, dass die Botschaft des Ziellandes euch die Einreiseerlaubnis erteilt. Für manche Länder, wie beispielsweise China, muss das Visum zudem in dem Land ausgestellt werden aus dem man selber stammt. Man sollte sich also zwingend vor Reiseantritt damit beschäftigen, wie die jeweiligen Visaregelungen aussehen. Einige Länder sind in Punkto Visa-Erteilung echt richtige Fieslinge (wahrscheinlich weil sie es selber sehr schwer haben ein Schengen-Visum zu bekommen): Um beispielsweise das Visum für Turkmenistan zu bekommen braucht es richtiges Glück. Von vielen Reisenden habe ich gehört, dass ein Teil der Reisegemeinschafft das Visum bekommen hat, der Partner jedoch nicht. Nach dem Grund zu fragen bringt nichts (außer einen Vorgeschmack was euch in Turkmenistan noch erwartet). Wenn ihr in diesem Fall zu den Unglücklichen gehört, die kein Turkmenistan-Visum bekommen haben, dann könnt ihr wenigstens frühzeitig die Reiseroute dementsprechend umplanen. Es kann aber auch einige Nachteile haben die notwendigen Visa vor der Reise zu beschaffen. Die Tour muss geplant sein. Denn manche Visa haben nur ein bestimmtes Einreise- und Ausreisefenster. Somit ist man deutlich weniger flexibel und kann nicht einfach, wenn es einem gefällt länger verweilen (was mitunter ganz schön traurig ist), denn das Visum für das nächste Land droht auszulaufen. Zudem müsst ihr jetzt umso mehr auf euren Reisepass achten (was ihr sowieso machen solltet). Wenn nämlich zu Beginn der Tour der Reisepass verloren geht, dann habt ihr einige Probleme mehr: Die Visa sind bezahlt und organisiert, aber trotzdem verloren und müssen neu organisiert werden. Mir wäre das fast im Iran passiert. Hier wurde mein Auto aufgebrochen und ich hatte meinen Pass im Handschuhfach (welches glücklicherweise verschlossen war, wie ich mit einigem Herzrassen herausgefunden hatte). Sonst wäre mein Tripp nach Indien vermutlich geplatzt.
Mein Tipp: Denkt ernsthaft darüber nach eine Visaagentur für die Beschaffung einzuschalten. Das hat zwar seinen Preis, aber ihr spart so eine Menge Zeit, Energie & Nerven (ich war 8-mal bei der Indischen Botschaft, bis ich schließlich mein Visum hatte. Aber das ist eine andere Geschichte…). Zudem haben manche Agenturen gute Beziehungen zu den Botschaften, was sich vor allem für Turkmenistan lohnen kann.
Visa während der Reise besorgen
Reist ihr getreu dem Motto, dass es nicht darum geht anzukommen, sondern darum unterwegs zu sein, dann könnt ihr euch entsprechende Visa auch von unterwegs besorgen. In jeder Hauptstadt gibt es in der Regel Botschaften anderer Länder. Mit etwas Recherche findet ihr so auch die passende Botschaft. Hier muss man sich jedoch darauf einstellen, dass es zu Verständigungsproblem kommen kann und sich die Visabeschaffung in die Länge zieht. Wer darauf verzichten möchte, sollte sich die Visa vorher besorgen oder einen Zweitpass haben. Wie bitte? Einen Zweitpass? Ja, auch das ist in Deutschland möglich. Wenn ihr beispielsweise im Reisepass ein Visum aus dem Iran habt und plant nach Israel zu reisen, stellt euch das Ortsamt einen Zweitpass aus. Probiert es aus! Mit zwei Pässen ausgestattet könnt ihr euch von einer Visaagentur in der Heimat das notwendige Visum beschaffen und euch zuschicken lassen. Oder die nächste Reisebegleitung bringt es euch mit. Das klappt super! Macht euch bloß darauf gefasst, dass ein Grenzübertritt mit Diskussionen verbunden sein kann (eventuell auch mit einer zusätzlichen „Gebühr“). Denn oft wird entweder nach dem Ausreisestempel gefragt oder nach dem Visum des nächsten Landes. Wedelt man dann mit einem Zweitpass, kann man schnell zum James Bond werden (dann wird’s spannend). Wechselt daher am besten nicht zu oft den Pass.
Pass für das Auto / Motorrad
Manche Länder wie Iran, Myanmar, Indien oder Pakistan setzen der Einreise mit dem eigenen Fahrzeug voraus, dass man ein sogenanntes „Carnet de Passages“ besitzt. Das Carnet ist ein Zolldokument, dass sicherstellen soll, dass ihr das Auto auch wieder ausführen und nicht im Land verkaufen wollt. Denn diese Länder wollen vermeiden, dass gebrauchte Fahrzeuge aus dem Ausland den Binnenmarkt für Fahrzeuge überschwemmen. Das Carnet kann beim ADAC erworben werden. Neben der Bearbeitungsgebühr (günstiger für ADAC Mitglieder) wird eine Kaution für das Fahrzeug fällig. Diese richtet sich nach dem Fahrzeugwert. Abhängig davon können schnell mehrere Tausend Euro verlangt werden. Die seht ihr nur dann mit Sicherheit wieder, wenn ihr das Fahrzeug wieder in die EU einführt und das vollständige Zolldokument (an den Grenzen der Länder, die ein Carnet vorschreiben, wird das Zolldokument entsprechend ausgefüllt) vorlegen könnt. Ansonsten steht euch ein zäher Prozess bevor (und das wollt ihr wirklich nicht). Plant ihr das Fahrzeug z.B. in Indien zu verkaufen, seht ihr die Kaution nicht wieder. Zudem muss das Auto im Nachhinein verzollt werden, was schnell die Kaution übertreffen kann (also keine gute Idee).
Weitere Dokumente und Versicherungen
Noch ist der Bürokratieteil nicht überstanden. Aber ab jetzt habt ihr (zumindest teilweise) die Wahl:
Internationaler Führerschein: Wird formal für einige Länder verlangt. Und es gibt sogar zwei unterschiedliche internationale „Lappen“, denn dafür trifft der Begriff auch wirklich zu. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die 12,50 € investieren und das Dokument bei der Führerscheinstelle beantragen. Doch: Eigentlich will keiner das Dokument sehen. Ungläubig fragen die Beamten, was das für ein Lappen ist und werden erst dann zufrieden gestellt, wenn sie den „normalen/originalen“ Checkkartenführerschein sehen.
Mein Tipp: Bei Verkehrskontrollen dem Polizisten immer eine Kopie zeigen und das Original niemals (ich wiederhole niemals !!) herausgeben. Denn dann haben Ordnungshüter mit Hang zur Korruption ein Druckmittel um sich eine hübsche Gehaltserhöhung zu erpressen. Aber dazu im Teil 5 mehr.
Internationaler Fahrzeugschein: Analog zum Führerschein. Dieses Dokument wird allerding nicht wirklich gebraucht. Legt es euch nur zu, wenn ihr sicher gehen wollt, bei einer Verkehrskontrolle wirklich alle notwendigen Dokumente bereit zu haben.
Auslandskrankenversicherung: Keine Diskussion. Diese Versicherung solltet ihr abschließen. Der Preis ist im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland auch sehr gering. Mit ca. 600 Euro für ein ganzes Jahr sollet ihr in etwa rechnen. Wichtig: Habt auch immer eine Kopie der Police dabei. Bei manchen Grenzübergängen wird danach gefragt. Lasst euch daher von der Versicherungsagentur auch ein englisches Exemplar anfertigen. Denn mit einer deutschen Bescheinigung können nur die wenigsten Beamten etwas anfangen (ist mit englisch zwar oft genauso, aber hier sind die Chancen etwas höher).
KFZ-Versicherung: Eure „heimische“ KFZ-Haftpflicht gilt nur in der EU und in den Ländern, die auf der grünen Versicherungskarte ausgewiesen sind. In allen anderen Ländern müsst ihr euch an der Grenze eine temporäre Versicherung besorgen. Nehmt das ernst! Denn im schlimmsten Fall (z.B. Unfall mit Todesopfer) müsst ihr sogar ins Gefängnis. Die Polizei fragt auch gerne nach der KFZ-Versicherung. Habt ihr nichts vorzuweisen, wird es schnell teurer als im hiesigen Busgeldkatalog (die Belohnung für die Beamten hat ihren Preis). Bei einem kleinen Unfall wird die Versicherung allerdings selten aufgerufen. Meist wird das Problem an Ort und Stelle geregelt. Es gibt auch sehr wenige deutsche Versicherungsanbieter, die weltweiten Schutz anbieten. Hier ist sorgfältige Recherche notwendig. Mitunter braucht ihr trotzdem noch eine Versicherungspolice aus dem jeweiligen Land.
Mein Tipp: Bei Langzeitreisen solltet ihr darüber nachdenken Saisonkennzeichen zu nutzen oder das Auto abzumelden. Denn die teure deutsche KFZ-Versicherung und die dazugehörige Steuer braucht ihr dann nun wirklich nicht bezahlen. Zudem kann man sich ja ein Kennzeichen ohne das offiziellen Siegel ans Auto montieren – im Ausland fragt da keiner nach. Und ihr habt auch nicht das Problem ein neues Kennzeichen beantragen zu müssen, falls euer Kennzeichen im Ausland verloren geht. Denn ihr habt ja das Original ja noch aufbewahrt (Ich habe mein Original-Nummernschild in Indien verloren. Die Frau von der Zulassungsstelle wollte mir das nicht wirklich glauben und hat das Nummernschild für 10 Jahre zur Fahndung ausgeschrieben und damit auch gesperrt. Für das neue Nummernschild wurden inklusive neuen Fahrzeugpapieren somit mehr als 100 Euro fällig).
Internationaler Impfausweis: Wird nur wichtig in Ländern in denen Impfungen für die Einreise vorausgesetzt sind. Könnte aber in Post-Corona-Zeiten durchaus äußerst hilfreich sein.
Geld und Kreditkarten: Am besten ihr habt mehr als eine Kreditkarte dabei. So kommt ihr auch an euer Geld, wenn eine kaputt geht oder gestohlen wird. Ich hatte auch eine Master- und eine Visakarte dabei. Aber die nützen euch im entlegensten Winkel der Welt nichts, wenn es dort keine Geldautomaten gibt. Im Iran beispielsweise gibt es aufgrund der Sanktionen überhaupt kein Geld aus dem Geldautomaten (Visa und Mastercard machen da nicht mit, denn der Iran ist böse). Daher muss hier auch ausreichend Bargeld mitgeführt werden. Wichtig: Möglichst kleine Scheine (Hilft wenn man passend zahlen soll. Ich hatte auch immer eine Rolle mit Ein-Dollar-Noten im Handschuhfach. Sehr hilfreich, vor allem an Grenzen, an denen kurz vor der Ausreise doch noch irgendeine Gebühr fällig wurde).
Mein Tipp: Niemals das gesamte Bargeld an einer Stelle aufbewahren. Verteilt es an mehrere Stellen! Vor allem dort, wo niemand Bargeld vermuten würde. Aber: Merkt euch wo das Versteck war. Ich habe noch Jahre nach meiner Weltreise Bargeld im Auto und in Büchern gefunden…
Von allen Dokumenten und Visa solltet ihr außerdem Kopien mitführen. Für Pass und Visa lohnt es sich mitunter mehrere Exemplare dabei zu haben, dann kommt man beispielsweise in Tadschikistan schneller durch die Checkpoints. Habt ihr euch eure Passnummer eingeprägt, müsst ihr den Pass nicht bei jedem Hotel oder Checkpoint rauskramen. Zusätzlich solltet ihr Scans der Dokumente in einer Cloud ablegen, damit ihr im Falle eines Totalverlusts auch noch daran kommt.
Nun seid ihr gewappnet für die große Tour. Es kann losgehen! Soll euer Fahrzeug jedoch auch euer Zuhause sein, dann muss es natürlich noch entsprechend ausgebaut werden. Was mir da wichtig war, das erfahrt ihr im nächsten Teil meines Ratgebers.
Nützliche Links
- Seite über Einreisebestimmungen von Ländern entlang der Seidenstraße: Caravanistan
- Meine Visaagentur aus Berlin: Visabox
- Informationen zum Carnet des Passages vom ADAC
Weiter zum Thema
Teil 1: Die Idee und erste Vorbereitungen
Teil 2: Das passende Auto, die Reiseroute, Reise in Konvoi (China, Myanmar, Thailand)
Teil 4: Ausbau zum Camper-Jeep
Teil 5: An den Landesgrenzen, Tanken unterwegs, korrupte Polizei
Teil 6 (folgt): Ankommen
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