Von Washington über Dresden nach Chicago

Die 400 Kilometer von New York nach Washington legen wir an nur einem Tag zurück. Durch die verspätete Ankunft unseres Reisemobils ist unser Zeitplan etwas durcheinandergeraten und in Washington wollen wir Mutti (von Mathi) abholen, die uns für knapp 2 Wochen begleiten soll. Nach 5 Tagen Sonnenschein verabschiedet uns New York mit dicken Regenwolken. Eigentlich kein Problem, aber wir hatten uns extra eine Route durch Manhattan herausgesucht, um den Pajero zwischen den Wolkenkratzern mal in Szene zu setzen. Das hat nur so mäßig geklappt. Dafür empfing uns Washington mit herrlichem Sonnenschein und 27 Grad. So kann es doch weitergehen! Auch in der Hauptstadt der USA haben wir einen Freund, der uns aufnimmt. Richard aus Dresden kenne ich noch von den Pfadfindern und mittlerweile lebt er mit seiner Freundin Shara in den Staaten. Das ist natürlich perfekt um eine Stadt kennenzulernen. Zudem entlastet das unsere Reisekasse, denn die Unterkunftspreise haben es mächtig in sich. Vor allem in Großstädten. Da halten wir uns doch lieber bei Freunden am Stadtrand auf und haben einen schönen Grillabend.

Bei Richard

In Washington treffen wir Tatsu aus Japan. Als ich für 6 Monate in Brasilien gearbeitet hatte war Tatsu mein Zimmernachbar. Und da Tatsu gerade in Texas bei einer Hochzeit war, ist er schnell mal nach Washington gereist, um uns zu treffen, bevor er weiter nach San Francisco geflogen ist. Schon verrückt diese Japaner! Wir nehmen ihn dann gleich mit zum Flughafen, als wir Mutti abholen. Nun sind wir also zu dritt unterwegs. Und das in unseren kleinen Pajero.

Mutti ist angekommen

Mit ihren 70 Jahren hat sich also Mutti nochmal allein auf die Reise gemacht, um ein Stück mit uns mitzufahren. Und gleich stürzt sie sich mit uns ins Abenteuer. Keine Spur von Jetlag, ab in die Stadt um das Weißes Haus und das Lincoln Memorial zu besichtigen. Wir kommen sogar in eines der Verwaltungsgebäude des Capitols, aber nur durch Connections. Eine Freundin von Richard, die wir beim Grillen kennengelernt haben, hat wiederum eine Freundin, die im Büro eines Senators arbeitet. Quasi die Freundin einer Freundin eines Freundes gibt uns eine 1,5-stündige Tour vorbei an Büros sämtlicher Senatoren. Und das während ihrer Mittagspause. Schon verrückt, was wir für Gastfreundlichkeit in diesem Land erleben.

Mit Mutti auf Sightseeing-Tour
Unsere Tour durch den Senat
Ich kandidiere
Beim Lincoln Memorial
Lincoln Memorial
Hier muss man gegessen haben
Der Lincoln

Von Washington aus wollen wir dann den berühmten Blue-Rich-Mountain-Parkway durch die Appalachen fahren. Doch das Wetter ist nicht auf unserer Seite. Nur einen Tag können wir die Ausblicke genießen, während wir durch den Shenandoah Nationalpark fahren. Dann schieben sich dicke Regenwolken über die Bergkette und zwingen uns 400 Kilometer nach Süden zu fahren. Denn dort finden wir auf der Wetterkarte einen Campingplatz, der von der Regenfront verschont werden soll. Mittlerweile befinden wir uns im Bärengebiet. Kein Problem für Mutti, die allein im Vorzelt auf der Luftmatratze übernachtet. Uns wäre da schon etwas mulmig. Trotzdem sind wir froh, nach den Tagen in New York und Washington endlich mal wieder etwas Natur zu genießen. Den Tag am Lagerfeuer ausklingen zu lassen, ist einfach unbezahlbar.

Unser Camp
Es wird gekocht
Camping zu Dritt
Einer muss ja das Holz ran bringen
Wir müssen erst einmal lernen zu Dritt unterwegs zu sein
Noch sind die Ausblicke gut
In den Smokeys haben wir sogar einen Schwarzbären gesehen
Schöne Straßen gibt es hier
Unterwegs auf dem Blue Rich Mountain Parkway

Unser nächster Stopp ist Nashville in Tennessee. Das hat sich Phia gewünscht, denn Nashville ist berühmt für die Countrymusik. Auf den Weg dahin fahren wir das erste Mal auf unserer Reise über eine Zeitzonen-Grenze. Wir sollten uns dran gewöhnen. Nashville selber empfängt uns mit milden Temperaturen und mit lauter Musik. Unser Ziel war eine Bar zu finden, in der Livemusik gespielt wird. Und das ist in Nashville nicht schwer. Auf dem Broadway gibt es ungefähr 40 Bars und die haben alle Bands die Live Musik spielen. Manche Bars haben mehrere Etagen und auf jeder Etage gibt es Livemusik. Alles zusammen macht es eine mächtig laute Szenerie. Wir laufen mit offenen Mündern über den Broadway. Das haben wir so nicht erwartet. Und natürlich schwingen wir bei so viel Livemusik auch das Tanzbein. Auch Mutti bekommt einen Mutter-Sohn-Tanz. Denn wie der Zufall es will ist gerade Muttertag. Nachdem ich mit Mutti auf der Tanzfläche zu Purple-Rain getanzt habe, kommt ein Mann zu mir, klopft mir anerkennend auf die Schulter und sagt nur „guter Junge“. So kann man hier also Bonuspunkte sammeln. In Nashville besuchen wir noch die Country-Music-Hale-of-Fame und verbringen noch einen Nachmittag/Abend mit viel Livemusik. Mutti ist natürlich dabei und hat mächtig Spaß. Dieser Stop hat sich definitiv gelohnt.

Abends ist in Nashville gut was los
Country Music Hall of Fame
Wir haben Spaß

Nach Nashville steuern wir St. Louis an. Der Bruder meines Ur-Ur-Ur-Urgroßvater ist vor 180 Jahren in die USA ausgewandert und hat dort viele, viele Nachkommen hinterlassen, die alle unseren Nachnamen tragen. Und die sind mächtig stolz auf ihre deutschen Wurzeln. Wenn da Familie aus Deutschland kommt, ist das ein großes Event. Von Nashville nach St. Louis kann man über die Autobahn oder kleinen Nebenstraßen mit etwas Umweg fahren und so an der Kleinstadt Dresden vorbeikommen. Kurz vor Dresden fahren wir an Paris vorbei. Europäische Städtenamen findet man sehr oft in den USA. Denn die Auswanderer aus Europa haben ihre Siedlungen in der neuen Welt gern nach ihrer Heimat benannt. So auch in Dresden, Tennessee. Also wir dort ankommen staunen wir nicht schlecht. Denn von Dresden war nicht mehr viel übrig. Ein Tornado hat 6 Monate zuvor eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Wir parken vor dem Postoffice und sprechen einen vorbeilaufenden Mann auf den Tornado an. „Wir kommen aus Dresden in Deutschland“ sagt Mutti auf Englisch und bricht somit gleich das Eis. „Oh wirklich? Kommt doch mit mir mit, ich muss euch meinen Freunden vorstellen.“ Die Freunde sind Mitglieder des Rotarier-Clubs Dresden, Tennessee. Und die haben gerade ihr Wochenmeeting und wir sind auf einmal das Highlight. Spontan soll ich eine kleine Rede halten über das, was uns hier her geführt hat und was wir sonst so machen und alle freuen sich riesig, dass wir hier sind. Der Bürgermeister heißt uns willkommen und ein Vorstandsmitglied gibt uns noch eine kleine Stadtführung. Das hatten wir nun wirklich nicht erwartet!

Wir sind in Dresden!
Meine Ansprache beim Rotarier-Club Dresden

Doch es geht munter weiter mit Überraschungen. Mein Cousin 6. Grades Bob mit seiner Frau Martha heißen uns überschwänglich willkommen und empfangen uns, als wären fester Teil der Familie. Bob nimmt sich trotz seines vollen Terminkalenders Zeit, um uns St. Louis zu zeigen. Und er lädt 8 seiner 17(!) Geschwister ein, um uns kennenzulernen. Phia grillt mit Bob Bratwürste um die Wette, ich zeige den staunenden Cousins unser Reisemobil. Alle freuen sich unglaublich, drücken uns an ihr Herz. Und das alles nur, weil wir den gleichen Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater und denselben Nachnamen tragen. Das ist alles ziemlich verrückt. Verrückt ist auch das, was einen Tag später folgt. Eigentlich wollten wir nach zwei Nächten weiter nach Chicago fahren, doch Bob überzeugt uns, einen Tag länger zu bleiben, um zusammen zu einem Eishockeyspiel zu gehen. „Die St. Louis Blues können mit einem Sieg in die nächste Runde des Stanley-Cups ziehen“ erklärt uns Bob. Das sollten wir uns nicht entgehen lassen. Und so finden wir uns einen Abend später in der Eishockey-Arena wieder. Aber nicht auf irgendwelchen Plätzen. Wir sitzen direkt hinter der Auswechselbank. Den besten Plätzen im Stadion. Dazu beinhaltet unser Ticket einen 40 Euro Verzehrgutschein. „Ihr seid Familie! Das versteht sich doch von selbst“ erklärt uns Bob. Wir können es kaum glauben. Beim Einlaufen klatschen wir mit den Spielern ab. Seine Frau Martha verfolgt das Spiel im Fernsehen und sieht uns mehrmals. Denn auf die Auswechselbank sind ziemlich oft die Kameras gerichtet. Am Ende gewinnen die Blues auch das Spiel mit 5:1 und ziehen unter lautem Jubel in die nächste Runde ein. Was für ein Erlebnis!

Bei Bob und Martha in St. Louis
Sighseeing in St. Louis
Noch steht es 0:0
Hier gabs richtig Action
Mit Bob zum Eishockey-Spiel

Bei unserem nächsten Stop, in Chicago, kommen wir auch wieder bei meiner Familie unter, diesmal bei der Großcousine Celine mit ihrem Mann Don. Auch dort bekommen wir eine Stadtrundführung und sogar eine Bootstour geboten. Wir verbringen schöne Abende mit langen und tiefgründigen Gesprächen. Was haben wir nicht schon alles hier erlebt?! Auch für Mutti war es eine ganz besondere Zeit, die leider auch schon dem Ende entgegen geht. Sie muss sich beim Abschied schon die Tränen verdrücken, genau wie ich. Während Mutti nach den zwei Wochen zurück nach Dresden fliegt, schlagen wir den Weg in Richtung Westen ein. Noch wissen wir noch nicht, welche Abenteuer uns dort erwarten werden.

Unterwegs in Chicago
Skyline von Chicago
Celine und Don sind super Gastgeber
Essen mit Don und Celine
So ein Auto steht hier selten im Hof

Reiseliteratur

Mathias Verfasst von:

2 Kommentare

  1. Mathias Meier
    24. Juni 2022
    Antworten

    Hey Mathias,
    hab euch und euer Auto heute am Goosenecks State Park gesehen und bin so auf eure Seite gestoßen . . . sehr interessant. Gute Weiterreise.

    • Mathias
      28. Juni 2022
      Antworten

      Dankeschön fürs Schreiben 🙂

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