Was willst du denn in Kasachstan?

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„Und wo wird deine nächste Reise hingehen?“ fragte ein Arbeitskollege Lydia. „Nach Kasachstan“ antworte sie. Lydia ist bei ihren Arbeitskollegen schon für ihre Reisebegeisterung bekannt. Zuletzt war sie in Tibet – was für ein spannendes Reiseziel. Der Kollege erwartete ein ähnlich tolles Fleckchen Erde. Ihm lag das „Wow“ schon auf der Zunge. Doch es wollte nach Lydia’s Antwort einfach nicht raus. Stattdessen konnte er seine Überraschung nicht verbergen. „Was willst du denn in Kasachstan?“ fragte er erstaunt.

Von einer ähnlichen Erfahrung haben mir auch andere Kasachstan-Reisende berichtet. Viele ihrer Mitmenschen können mit diesem Land zunächst nicht viel anfangen und manch einer verbindet das Land zu allererst mit dem Quatschfilm „Borat“ (der übrigens überhaupt nichts über das Land aussagt). Als flächenmäßig neungrößtes Land der Welt, das – zugegeben aus viel, allerdings nicht ausschließlich – aus Steppe besteht, muss doch auch einiges spannendes zu entdecken sein. Lydia verschlug es zunächst in das Land, weil sie mich auf meinem Rückweg von Indien nach Deutschland gerne für ein Stück begleiten wollte und ich auf diesem Streckenabschnitt noch einen freien Beifahrersitz hatte. Nach ein wenig Recherche war sie sehr an diesen Land interessiert. Jetzt ist es schon einige Tage her, dass wir Kasachstan wieder verlassen haben. Gerne möchte ich nun von diesen Land berichten. Die Reise lohnt sich.

Wilde Pferde in der Steppe

Allgemeines über Kasachstan

Die Republik Kasachstan ist mit einer Fläche von 2.7 Millionen Quadratkilometern das neungrößte Land der Erde und grenzt Im Norden und Westen an Russland, im Osten an China und im Süden an Kirgistan, Usbekistan und Turkmenistan. Es ist das Land der Welt, das am entferntesten von allen Weltmeeren gelegen ist. Die geografische Lage bestimmt auch das Klima. Heiße trockene Sommer gehen fast ohne Herbst in kalte schneearme Winter über, der sich nur in den Gebirgen als schneereich präsentiert. Kasachstan erreichte nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 seine Unabhängigkeit und wird seitdem ununterbrochen vom Staatspräsident Nursultan Nazarbajev regiert. Die Geschichte des Landes ist bewegend und beinahe wäre die Kultur der Steppenbewohner verloren gegangen. Im 15 Jahrhundert wurde ein im Gebiet des heutigen Staates  dominierender Völkerbund aus Nachkommen Dschingis Khans erstmals als „Kasachen“ bezeichnet, was aus dem turkischen „freie, unabhängige“ Menschen bezeichnet. Wenn uns mal wieder in einer schier unendlichen Weite des Landes ein Reiter mit seiner Viehherde entgegenkam, konnte man diese Bezeichnung sehr gut verstehen. Doch nach instabilen Jahren schloss sich der Völkerbund dem Russischen Reich an, das im Laufe der Zeit die kasachischen Gebiete fast vollständig in ihr Territorium eingliederten. Später wurde Kasachstan als „Autonome Sozialistische  Sowjetrepublik“ der Sowjetrussischen Föderation angeschlossen. Die Epoche unter und nach Stalin war eine der schlimmsten, welche die Menschen dieses Gebietes erlebten. Zwangsenteignung und Zwangsansiedlung waren an der Tagesordnung. Großbauern wurde das Vieh entzogen und in kollektive Landwirtschaftsverbände eingegliedert. Eine Ober- und Mittelschicht ging so verloren. Das Vieh wurde auf festen Weiden gehalten, das Nomadentum fast ausgelöscht. Krankheiten und Überweidung rafften ganze Viehherden hin und die daraus resultierende Hungersnot forderte zwei Millionen Tote, eine weitere Million wanderte aus. Das Land hatte fast die Hälfte seiner Einwohner verloren und bot so reichlich Platz für die gefürchteten Arbeitslager. Zudem wurden unzählige Atomtest in der Sowjetrepublik durchgeführt. Südlich von Semej wurden zwischen 1949 und 1989 470 Atom- und Wasserstoffbomben gezündet – im Schnitt eine Explosion pro Monat.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde damit begonnen die fast ausgelöschte kasachische Kultur wiederzubeleben. Mittlerweile wird wieder in vielen Schulen die kasachische Sprache unterrichtet. Der Präsident hat sich durch zahlreiche Verfassungsänderungen eine Amtszeit bis zum Tode zugesichert. Die in der Verfassung festgelegten Rechte auf Rede-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit können durch zahlreiche Verordnungen de-facto nicht genutzt werden.

Unsere Reiseroute

Zugegeben auch wir mussten uns zunächst über Kasachstan informieren. Das Land ist wirklich ein weißer Fleck auf der touristischen Landkarte und uns waren keine Highlights bekannt. Von Freunden bekam ich einige Empfehlungen, Internet und Reiseführer taten ihr übriges. Und so überquerten wir von Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans, aus die Grenze und verbrachten zwei Nächte im Ile-Alatau-Nationalpark bei Almaty und eine Nacht in Almaty selber. Anschließend ging es zum wunderschönen Scharyn-Canyon bevor wir am Tuzkölsee im äußersten Osten campierten. Nun verbrachten wir zwei Nächteim Altyn-Emel Nationpark und fuhren dann durch die Kasachische Steppe am Balchasch-See vorbei in die Hauptstadt Astana und von dort weiter nach Russland.

Der Ile-Alatau Nationalpark

Der Nationalpark ist das Naherholungsgebiet von Almaty. Die Erholungssuchenden Städter hinterlassen natürlich auch ihr Spuren und so wird die Benutzung der aufgestellten Mülleimer am Wegesrand bei Picknickplätzen gern auch mal verzichtet. Für Camping-Freunde bietet das Tal hin zum großen Almatiner See zahlreiche Plätze zum Wildcampen. Für uns genau das richtige. Direkt am Bach geparkt übertönte das Rauschen des Flusses die nahgelegene Straße. Einige Hinterlassenschaften deuten auch darauf hin, dass diese Nischen im Busch auch gern von jungen Paaren genutzt wurden. Wir hingegen genossen die Natur und den bezaubernden Blick auf einen schönen Schneeberg, der im Sonnenuntergang blutrot leuchtete. Unsere Tageswanderung startete am großen Almatiner See, der zugleich Wasserreservat von Almaty ist. Zu nah durften wir uns den See nicht nähern, vor allem nichtsahnende Ausländer sollen angeblich empfindliche Strafen drohen. Wir entschieden uns einen Weg zu folgen, der bis ins Grenzgebiet zu Kirgistan führte. Zu Zeiten der Sowjetunion waren hier noch Wanderungen bis zum Issyk Kul auf kirgisischer Seite sehr beliebt, aber die grüne Grenze ist nun geschlossen. Wir versuchten den Tipp eines Einheimischen zu folgen und den Gipfel eines angrenzenden Berges zu besteigen. Allerdings gab es keine ausgeschilderten Wege und einige Kletterpartien wurden aufgrund von Schneefeldern auch zu gefährlich Unterfangen. Allerdings konnten wir Steinböcke und Murmeltiere sehen und bekamen einen unglaublichen Blick auf den türkisfarbenen See.

Stellplatz im Ile-Alatau Nationalpark
Wanderung im Ile-Alatau Nationalpark
Der große Almatiner See
Steinböcke!
Camping im Ile-Alatau Nationalpark

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Reiseliteratur

Mathias Verfasst von:

3 Kommentare

  1. Elise Lecluyse
    3. Juni 2018
    Antworten

    Awesome! Going to KZ next summer (2018). Did you rent a car in Almaty? With which Company?
    Awesome to read your experience.

    • Mathias
      8. Juni 2018
      Antworten

      Hi Elise, I went there with my own car, so I didnt need to rent a car. But I meet a german group who rented a car in ALmaty withour any problems. There are many local dealers you can contact once you are there 🙂

  2. Javier
    21. Juli 2017
    Antworten

    Hi from Israel !! I couldn’t agree with you more !! KZ is a fabulous country with friendly and helpful people. I was there with my wife last year(2016) and now we will tour with our 2 small kids , hiring a 4×4 to give us the freedom to move around.
    I will follow many of your recommendations. Fantastic post and great pictures.
    One last word, Almaty is the greatest culinary city I have ever seen, with food from every corner of the globe .The indoor decor of the restaurants should be copied everywhere in the world !!

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